- Wasserstoffenergietechnik
- Wasserstoff|energietechnik,Wasserstofftechnologie, ein Gebiet der Energietechnik mit dem Ziel, Wasserstoff für die Energiegewinnung nutzbar zu machen. Wasserstoff ist ein in sehr vielen Bereichen umweltverträglich einsetzbarer Energieträger. Er muss als Sekundärenergieträger oder Energietransportmedium durch Elektrolyse, endotherme chemische Zersetzung (z. B. Erdgasreformierung), Photolyse oder Biokonversion hergestellt werden. Bei der Verbrennung des Wasserstoffs mit reinem Sauerstoff (Brennwert 141 800 kJ/kg) entsteht Wasser als einziger Rückstand; bei der Verbrennung in Luft werden (allerdings in weitaus geringerem Maße als bei anderen Brennstoffen) auch Stickoxide gebildet. Wasserstoff ist deshalb ein sehr umweltfreundlicher Energieträger und als Bestandteil des Wassers über die Elektrolyse fast überall gewinnbar.Seit Mitte der 1970er-Jahre werden zunehmend Anstrengungen unternommen, um die Produktions-, Transport-, Speicherungs- und Anwendungstechnik für Wasserstoff zu verbessern und eine großtechnische Anwendung zu ermöglichen. Das zukunftsträchtige Verfahren für die Produktion von Wasserstoff ist die Elektrolyse unter Einsatz von Elektroenergie. Zusätzlich werden in zahlreichen Forschungsprojekten photolytische Verfahren untersucht; sowohl die photoelektrochemische Methode (Licht fällt auf einen in Wasser getauchten Halbleiter) als auch die biologische Methode (mikrobiologische Prozesse unter Lichteinfall) haben noch erheblichen Entwicklungsbedarf.Die Wasserstoffenergietechnik ist in einigen Anwendungsbereichen bereits eingeführt. In der Raumfahrt ist Wasserstoff als Treibmittel für Strahltriebwerke unersetzlich. Für die Verwendung als chemischer Rohstoff verfügt die deutsche chemische Industrie über ein 200 km langes Wasserstoff-Pipeline-Netz. Wasserstoff kann zum Transport in begrenzten Anteilen auch dem Erdgas beigemischt werden. In der Antriebstechnik wird der Einsatz von Wasserstoff in Straßenfahrzeugen erprobt, wobei weniger die Motorentechnik als vielmehr die Wasserstoffspeicherung technischer Probleme aufwirft: Die Speicherung gasförmigen Wasserstoffs in Druckbehältern bei über 200 bar verursacht hohes Gewicht und erfordert viel Platz; dagegen ist die Speicherung flüssigen Wasserstoffs in doppelwandigen Kryotanks bei bis zu 20 K hinsichtlich Gewicht und Speicherkapazität am günstigsten, erfordert aber eine kostenaufwendige Kühlung und ist sehr energieintensiv. Eine weitere, aber materialkostenaufwendige sowie von der Speicherkapazität noch unzureichende Methode ist die Speicherung in metallischen Hydriden (Metallhydridspeicher), bei der die Speicher unter Druck mit Wasserstoff beladen werden, der während der Fahrt durch Wärmezufuhr wieder ausgetrieben wird. Für die spätere Anwendung spielt die sichere Anwendung des hochexplosiven Gases aus Akzeptanzgründen eine Schlüsselrolle. Um ohne komplizierte Speichertechnik auszukommen, wird auch versucht, Wasserstoff an Bord aus Methanol und Wasser in so genannten Reformern zu erzeugen. Methanol ist in der Handhabung mit Benzin vergleichbar, aber sehr giftig. Ende 1997 gab es weltweit bereits eine Million mit Wasserstoff betriebene Fahrzeuge, davon 3 500 in Deutschland. Bei Verkehrsflugzeugen wird die Entwicklung durch Umrüstung des Antriebssystems vorangetrieben. Die Rückwandlung von Wasserstoff in elektrische und Wärmeenergie ist mit Motoren oder durch Brennstoffzellen möglich. Sowohl im mobilen als auch im stationären Bereich wird die Markteinführung von Brennstoffzellen 2004/05 erwartet. Im stationären Bereich erfolgt der Einsatz zunächst in der dezentralen Kraft-Wärme-Kopplungs-Technik für Hausanlagen. Während bei der mobilen Anwendung sowohl Wasserstoff als auch Methanol als Treibstoff Verwendung findet, erfolgt der stationäre Brennstoffzelleneinsatz in der Regel auf der Basis von Erdgas, das in integrierten Reformern in Wasserstoff umgewandelt wird. Für mobile Kleingeräte (Handy, Laptop, Camcorder) wurde eine Minibrennstoffzelle mit gegenüber Batterien wesentlich höherer Betriebs- und Lebensdauer entwickelt, die jetzt produktionsreif ist.Die in der Wasserstoffenergietechnik erforderliche Umwandlungskette Primärenergie - elektrische Energie - Wasserstoff (Gewinnung, Speicherung, Transport) - direkte (Chemierohstoffe) und indirekte Nutzung (Antriebszwecke, Wärmebedarf, Elektroenergiegewinnung) ist sehr verlustreich. Um den Umweltvorteil der Wasserstoffenergietechnik auszunutzen, ist es deshalb langfristig notwendig, bei der elektrolytischen Herstellung von Wasserstoff auf elektrische Energie aus fossilen Brennstoffen (mit Schadstoff- und CO2-Emission) zu verzichten. Favorisiert werden für die Wasserstoffenergietechnik daher erneuerbare Energien (Sonne, Wasser, Wind). Zukunftsträchtig erscheint v. a. die Photovoltaik mit Umwandlung von Sonnen- in elektrische Energie (Solarzellen, Sonnenenergie) oder die Windenergie. Als speicherbares Medium kann Wasserstoff dabei maßgeblich dazu beitragen, das schwankende Energieangebot von Sonne und Wind auszugleichen. Aufgrund der hohen Verluste bei der Wasserstoffherstellung und -anwendung ist dieser Weg aber erst bei sehr hohen Anteilen erneuerbarer Energien sinnvoll. Derzeit ist eine direkte Nutzung des regenerativ erzeugten Stroms vorzuziehen.Projekte:Mit der Pilotanlage Solar-Wasserstoff in Neunburg vorm Wald (weltweit eine der umfassendsten Forschungsaktivitäten) werden seit 1986 bis vorerst 1999 alle Anwendungstechniken untersucht (z. B. Kühltanks für flüssigen Wasserstoff, katalytische Heiz- und Kühlgeräte, Brennstoffzellen, Gasheizkessel, Flüssigwasserstofftanks und -tankstellen mit wasserstoffbetriebenen Fahrzeugen. Die Energiebereitstellung erfolgt über Photovoltaik (rd. 3 000 m2 Solarzellenfläche) mit einer Spitzenleistung von 268 kW.Hysolar ist ein deutsch-saudi-arabisches Gemeinschaftsvorhaben mit dem Bau einer 10-kW-Photovoltaikanlage in Deutschland (Stuttgart) und einer 350-kW-Anlage in Saudi-Arabien (Riad).Im Euro-Quebec-Hydrogen-Pilot-Projekt (EQHPP), das von der EU und der Provinz Quebec (Kanada) finanziell gefördert wird, werden die Gewinnung von Wasserstoff aus billiger kanadischer Wasserkraft und sein Transport nach Europa (Hamburg) untersucht. Eine Realisierung des Transports nach Deutschland steht v. a. wegen der heute im Vergleich zu den klassischen fossilen Energieträgern hohen Kosten allerdings noch aus.Im größten europäischen Pilotprojekt von fünf Energieversorgungsunternehmen in Berlin sollen eine Anlage mit 2 500 kW elektrischer Leistung und eine Anlage mit 2 300 kW thermischer Leistung für die dezentrale Kraft-Wärme-Kopplungs-Technik mit PEM-Brennstoffzellen (PEM, Abkürzung für englisch proton-exchange-membran) auf Erdgasbasis, ergänzt durch eine Photovoltaikanlage mit Elektrolyseur, entwickelt werden.Andere Projekte umfassen die Weiterentwicklung von wesentlichen Komponenten der Wasserstoffenergietechnik: Fortentwicklung der Elektrolyseanlagen (Elektrolyseure), Entwicklung eines Großreformers für den Einsatz in Tankstellen sowie kleinerer und mittlerer Reformer mit geringen Kosten, Vernetzung von Brennstoffzellen zu virtuellen Kraftwerken, Entwicklung eines Heißdampferzeugers mit einem Wasserstoff-Sauerstoff-Brenner (u. a. als Leistungsreserve in konventionellen Wärmekraftwerken); Untersuchungen von Pkw-und Omnibusantrieben mit Hydrid- und gasförmiger Speicherung; Brennstoffzellenweiterentwicklung.Wasserstoff-Energietechnik, 3 Tle. (1987-92);R. Weber: Der sauberste Brennstoff. Der Weg zur Wasserstoffwirtschaft (21991);R. Weber: Wasserstoff. Wie aus Ideen Chancen werden (21991);J. Grawe: Zukunftsenergien. Neue Techniken der Energiegewinnung (1992);V. U. Hoffmann: Wasserstoff - Energie mit Zukunft (1994);C. Hutter: Stationäre Anwendung von Brennstoffzellen in der Kraft-Wärme-Kopplung (2000);H2-Tec: das Magazin für Wasserstoff und Brennstoffzellen, hg. v. SunMedia-Verlags- u. Kongressgesellschaft (2000).Hier finden Sie in Überblicksartikeln weiterführende Informationen:Wasserstoffenergietechnik: Die Zukunft der Energiegewinnung?Motorisierung von Kraftfahrzeugen: Techniken der Zukunft
Universal-Lexikon. 2012.